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La Vénus à la fourrure

Trailer

Spielfilm von Roman Polanski, mit Emmanuelle Seigner (Wanda Jourdain), Mathieu Amalric (Thomas Novacheck) u.a.

Frankreich/Polen 2013, Digital HD, F/d. 96’, ab 12 Jahren

Thomas ist Theaterregisseur und am Ende eines langen Casting-Tages ratlos: Die Besetzung der weiblichen Hauptrolle nach seinen Vorstellungen scheint unmöglich. Er ist drauf und dran, die Produktion hinzuwerfen, da stolpert Wanda in den Saal. Obwohl sie zu spät ist, bringt sie ihn dazu, wenigstens die ersten Seiten mit ihr zu testen. Ein faszinierendes Spiel nimmt seinen Lauf, bei dem die Grenzen zwischen Bühnenstück und Realität verschwimmen. Meisterhaft inszeniertes Kammerspiel – getragen vom begeisternden Schauspiel.

Der streitbare Polanski ist ein Meister von reduzierten Inszenierungen in engen filmischen Räumen und mit kleinem Ensembles: Schon sein erster abendfüllender Spielfilm «Nóż w wodzie» (Das Messer im Wasser) aus dem Jahre 1962 darf als Kammerspiel bezeichnet werden, «Death and the Maiden» (1994) ist ein weiteres Beispiel, auch sein letzter Kassenschlager «Carnage» war ein lupenreines Kammerspiel und bis zu einem hohen Grade auch «D'après une histoire vraie» (2017). «La Vénus à la fourrure» ist dabei aber möglicherweise das konsequenteste: Es dreht sich nur um zwei Personen und diese befinden sich stets in einem Raum – zugegebenermassen in einem grossen Raum, einem Theatersaal. Ein Setting wie gemacht für Polanski – Emmanuelle Seigner und Mathieu Amalric in den beiden Rollen tragen durch den Film, die Dialoge sind schnell und auf den Punkt, Kamera und Ton nehmen das Publikum mit – ein faszinierender Film.

«Einmal mehr entfaltet Polanski zudem in einem Film ein klaustrophobisches Szenario: War es in ‹Der Pianist› ein einziger im Untergrundversteck, waren es in ‹Der Tod und das Mädchen› (1994) drei und in ‹Gott des Gemetzels› (2012) vier Charaktere – immer wieder geht es in Polanskis Filmen um Eingeschlossene in eigenen wie äusserlichen Gefängnissen. Aus solchen Situationen entwickelt der Regisseur Kammerspiele mit geringstmöglichem äusserem Aufwand, aber hoher innerer Intensität. Es liegt allzu nahe, in derartigen Szenarien auch Kurzschlüsse zu Polanskis Biografie und seinen traumatischen Erfahrungen zu ziehen – zu seiner Kindheit im Krakauer Getto, zur deutschen Besatzung mit ihren permanenten Todesdrohungen, zum Mord an der Mutter in Auschwitz. Wir Zuschauer werden in ‹Venus im Pelz› Zeugen einer konzentrierten Selbstreflexion des Regisseurs, in der er fast beiläufig auch die Summe seines Lebenswerks zieht: Eros und Aggression und ihr Zusammenhang, die untrennbare Vermischung von Polanskis künstlerischem Werk und seinem eigenen Privatleben.» (Rüdiger Suchsland, Deutschlandfunk, 21.11.2013)