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The Man Who Wasn't There

Trailer

Spielfilm von Ethan und Joel Coen, mit Billy Bob Thornton, Frances McDormand, Michal Badalucco, James Gandolfini, Katherine Borowitz, Scarlett Johansson u.a.

US 2001, 116’, 35 mm, OV/d

Von den Kritikern eindeutig als Hommage an den Film-Noir etikettiert, greift dies zu kurz – auch wenn die Coen Brothers in Interviews mehrfach auf Werke wie «The Postman Always Rings Twice» oder «Double Indemnity» als wichtige Einflüsse verwiesen. «The Man Who Wasn’t There» schlägt in den bekanntesten Eigenschaften des Film noirs jedoch andere Töne an: Visuell dominiert nicht das so berühmte «chiaroscuro» der Schwarzen Serie, vielmehr sind die Sets im High-Key-Stil ausgeleuchtet, was den Film eher zu einem grauen denn schwarzen Film macht.

Weiter entspricht der Protagonist Ed Crane (Billy Bob Thornton) nicht dem typischen noir-Anti-Helden: Weder ist er Detektiv, noch treibt ihn eine femme fatale zu obsessiven kriminellen Handlungen – nein, Crane ist Friseur. Nicht, weil das sein Traumberuf wäre, sondern weil es sich so ergeben hat – wie so vieles in seinem Leben. Aktiv wird er erst in dem Moment, als sich ein Kunde als zwielichtiger Geschäftsmann entpuppt und von seinen Plänen erzählt, ein Trockenreinigungsimperium aufzuziehen. Crane beschliesst kurzerhand, das für die Grundsteinlegung dieses Imperiums nötige Kapital vom Liebhaber seiner Ehefrau zu erpressen. Ein Schritt, der Crane fortan tief in den Abgrund führt.

Auf der narratologischen Ebene hingegen ist das Film-noir-Charakteristikum eindeutig zu finden, denn Ed Crane erzählt uns seine Lebensgeschichte per Voice-Over – mit ironischem Subton: Er wird von einem Magazin dafür bezahlt, seine Memoiren zu veröffentlichen – und da er dafür pro Wort bezahlt wird, gerät die Erzählung der Geschichte relativ ausführlich. Neben dieser und weiteren Noir-Reminiszenzen wird wild aus der Filmgeschichte zitiert, von Kubricks «Lolita» hin zu B-Movie-Science-Fiction-Klassikern. Damit gelingt den Coen Brothers auch hier wieder ein vielschichtiger, postmoderner Pastiche: Von der Atmosphäre her irgendwie ein Film noir, aber alles in allem eben viel mehr.