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Never Rarely Sometimes Always

Trailer

Spielfilm von Eliza Hittman, mit Sidney Flanigan (Autumn), Talia Ryder (Skylar), Théodore Pellerin (Jasper), Sharon Van Etten (Mutter), Ryan Eggold (Ted), Aurora Richards (Hayden) u.a.

USA 2020, DCP, OV/d, 101', ab 6 (12) J.

In Pennsylvania wird für eine Abtreibung die Einwilligung der Eltern benötigt. Da die Eltern der 17-jährigen Autumn nichts von ihrer ungewollten Schwangerschaft erfahren sollen, begibt sie sich mit ihrer Cousine Skylar für den Eingriff auf den Weg nach New York.

Das Publikum begleitet die beiden jungen Frauen auf ihrer nächtlichen Odyssee in die Abtreibungsklinik in New York, wo Autumn unter anderem den Fragebogen erhält, der dem Film seinen Namen gibt. Hier geht es professioneller zu, als im ländlichen Pennsylvania, wo jungen, abtreibungswilligen Frauen gern mal Abschreckungsvideos gezeigt werden – «Every sperm is sacred.»

Eliza Hittman hat ihren dritten Kinofilm als beklemmendes Realdrama inszeniert. Das Werk kommt mit wenigen Worten aus, verzichtet auf grosse Gesten und zeigt die Gesichter ihrer Protagonistinnen in Grossaufnahme, wodurch der Film dokumentarisch wirkt. Die Zuschauer*innen werden konfrontiert mit den systemisch erniedrigenden Erfahrungen, die Frauen weltweit machen. Sei es der aufdringliche Kunde, der Skylars professionelles Supermarktlächeln missverstehen will, ihr Chef, der seine Finger nicht bei sich behalten mag, der Mann im Restaurant, der anzügliche Gesten macht oder der Betrunkene in der U-Bahn, der ohne Erlaubnis vor den beiden Mädchen masturbiert: Für die Männer im Film sind Frauen blosse Objekte, keine respektablen Personen. Umso kontrastierender wirkt die feinsinnige Darstellung der Beziehung der beiden Frauen, aus der sie ihre ruhige Stärke ziehen. Sie gehen achtsam und zärtlich miteinander um und helfen sich wie selbstverständlich durch den Grossstadtdschungel. Sidney Flanigan ist in ihrem Schauspieldebüt als Autumn überragend. Die ganze Not und Unsicherheit ihrer Figur trägt sie mit wenigen Gesten nach aussen. Talia Ryder steht ihr als Skylar in nichts nach, in ihrer kantigen Gegensätzlichkeit ergänzen sich die beiden perfekt.

In Berlin wurde «Never Rarely Sometimes Always» mit dem Grossen Preis der Jury ausgezeichnet, beim Sundance mit dem U.S. Dramatic Special Jury Award.