Spielfilm von Ann Oren, mit Simone Bucio (Eva), Sebastian Rudolph (Novak), Simon(e) Jaikiriuma Paetau (Zara), Bjørn Melhus (Piotr), Lea Draeger (Gretchen), Don Alonso (Pferd), Josef Ostendorf (Psychiater)
Deutschland 2022, DCP, D+E/d, 86’
Einer Frau wächst ein neues Körperteil und mit ihm ein neues Begehren: Im Trenchcoat läuft Eva (Simone Bucio) der Spree entlang, ihre Steppschuhe klackern wie Pferdehufe, ihre zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haare schwingen vergnügt im Takt. Etwas weiter unten wächst, als sei es das normalste von der Welt, aus ihrem Steissbein ein Pferdeschweif.
In ihrem Debüt «Piaffe» spielt die israelische Künstlerin Ann Oren mit Konzepten von Körper und Identität und zeigt eine Frau in animalischer Verwandlung. Zu Beginn des Films zeigt sie sich verletzlich und schüchtern, ist sich ihrer körperlichen Kraft nicht bewusst. Die Verwandlung vollzieht sich, als sie ihre ältere Schwester als Foley Artist (Geräuschemacherin) ersetzt und sich bei der Vertonung eines Pferdefilmes mit allen Sinnen in das spannungsgeladene Tier hineinversetzt. Die Protagonistin entdeckt ihren sich wandelnden Körper erfrischend unvoreingenommen – angstfrei und lustvoll begibt sie sich auf die Suche nach dessen Ausdrucksmöglichkeiten. Kinky und in satter Farbästhetik des 16-mm-Films feiert diese stupende erotische Erzählung das Kino, Berliner Clubnächte und das Anderssein.
«Dass Bild und Ton nicht automatisch harmonisieren, demonstrieren Evas missglückte Vertonungsversuche. Dass aber eine Geräuschspur von der einen Bildsequenz zur nächsten zu etwas ganz anderem werden kann, das zeigt Ann Oren bisweilen grossartig. (…) ‹Piaffe› ist bizarr, anregend, für manche wohl auch aufregend und unverständlich. Aber eines ist er ziemlich sicher: Einzigartig.» (Michael Sennhauser, 11.8.2022)
Di, 16. April, 20.15 Uhr: Vor dem Film Einführung in die Filmreihe «Von Menschen, Tieren und Chimären» von Nele Schweichel (Programmgruppe Kino Cameo) und Martina Monzeglio (Mitkuratorin Filmreihe)