Smoke Sauna Sisterhood

In Estlands Wäldern treffen sich Frauen verschiedenen Alters zum Saunieren. Im geschützten Raum der Rauchsauna führen sie intime Gespräche über das Leben als Frau. Mal ausgelassen, mal ernst, sprechen sie über Liebe und Lust, aber auch über Geburtsschmerzen und Übergriffe. Die intime und wunderbar fotografierte Doku über weibliche Solidarität wurde am Sundance Film Festival mit dem Directing Award World Cinema ausgezeichnet.

Die Saunatradition ist tief in der estnischen Kultur verankert. Der Dokumentarfilm wurde in einer sogenannten Rauchsauna aufgezeichnet, einer spezifischen Form der Sauna, die von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt ist. Dass es beim Saunieren nicht nur um das körperliche Wohlbefinden geht, sondern die Frauen auch eine reinigende seelische Wirkung suchen, kommt im Film deutlich zur Geltung. So dient die Sauna als Ort, wo Geheimnisse geteilt werden, wo offen und ohne Tabus und Traumata geredet wird. Dass die nackten Darstellerinnen im Film niemals ausgestellt wirken, mag mit der abstrahierenden Wirkung zu tun haben, die durch die Nahaufnahmen entsteht, mit der die Körper aufgenommen wurden. Oft sind zum Beispiel die Köpfe der Frauen ausserhalb des Bildes. Die Aufnahmen gewähren so auch eine gewisse Anonymität – die im Übrigen ganz mit dem Grundinteresse von «Smoke Sauna Sisterhood» übereinstimmt: Denn obwohl die Geschichten, die in der Sauna geteilt werden, äusserst persönlich sind, geht es dem Film weniger um Individuen als um die soziale Rolle der Frau in der Gesellschaft.

«Anna Hints erschafft durch das auf die Sauna begrenzte Setting eine Dichotomie zwischen zwei Welten. Ausserhalb der Sauna erfahren die porträtierten Frauen häusliche oder sexuelle Gewalt und sollen strengen Schönheitsidealen entsprechen. In der Sauna entsteht eine utopische Gemeinschaft von Frauen, als Gegenentwurf zu einer patriarchalen Welt. In fast nur nahen Einstellungen – für einen Dokumentarfilm durchaus ungewöhnlich – zeigt Hints ausschliesslich diese sichere Welt, das Privatleben der Frauen in der anderen Welt klammert sie aus.» (Wenke Bruchmüller, taz.de, 28.11.2023)