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Der lange Atem der Kamera

Der lange Atem der Kamera Filmreihe

Viele heutige Actionfilme haben Einstellungsdauern von nur wenigen Sekunden – ganz anders die Filme dieser Reihe: In «Lola Montès» und «Professione: Reporter» etwa liegt die durchschnittliche Schnittfrequenz bei 18 Sekunden, bei «Elephant» sind es 47 Sekunden und in «Victoria» gibt es nur eine einzige, 136 Minuten dauernde Einstellung. Die Programmreihe demonstriert die erstaunliche Vielfalt an Möglichkeiten, wie die Kamera in nur einem langen Atemzug auf mehreren Ebenen zu gestalten vermag.

Eine lange Einstellung oder gar eine Plansequenz zu drehen, ist zum einen ein Kraftakt – ein hohes Mass an Koordination und enorme Ausdauer sind gefragt. Den Schauspieler*innen verlangt eine lange Einstellung besonderes ab und Regisseur*innen beweisen, dass sie ihre Bilder beherrschen. Es ist zum anderen aber auch ein Balanceakt: Die Kamera tritt in eine variantenreiche Zwiesprache mit dem, was sich vor ihr befindet, ihre eigene Bewegung und die Bewegungen im Bild interagieren stets. Die Figurendarstellung spannt einen längeren Bogen, Veränderungen werden sukzessive erlebbar, in einem langsamen Schwenk manifestiert sich ein Nebeneinander.

Wie unterschiedlich lange Einstellungen gestaltet werden, zeigen die Regisseure dieser Filmreihe: Bei Tarkowski bewegt sich die Kamera fast immer, jederzeit sanft schwingend und elegant, bei Haneke bewegt sie sich sparsam. Gus Van Sant setzt Zoom, Schärfenverlagerung, Unschärfe, Zeitlupe sowie Zeitraffer ein. Ophüls verändert zeitweise mit Hilfe von Masken das Bildformat, Unschärfe gibt es nicht, er bleibt den Figuren auf Distanz – und Antonioni bricht immer wieder mit den Konventionen der Filmbildsprache. Allen gemein ist, dass sie das künstlerische Potenzial der Kamera ausreizen – auf attraktive und immer wieder spektakuläre Art und Weise.

Kuratiert von Constanze Schade.

Lola Montès (Max Ophüls, F/BRD 1955)

Der Spiegel (Serkalo) (Andrei Tarkowski, UdSSR 1975)

Professione: Reporter (Michelangelo Antonioni, I/F/E 1975)

The Player (Robert Altman, US 1992)

Die Werckmeisterschen Harmonien (Werckmeister harmóniák) (Béla Tarr, H/I/D/F 2000)

Elephant (Gus Van Sant, US 2001)

Victoria (Sebastian Schipper, D 2015)

Happy End (Michael Haneke, F/D/A 2017)

Aktuell keine Vorstellungen mehr in dieser Reihe.